Wie die Zeit doch vergeht. Über zwei Monate sind es seit meinem letzten Reiseblog her. Wie damals befürchtet, kam das schlechte Wetter wirklich. Es war nicht nur schlecht, nein es war auch merklich kühler, man könnte auch sagen, es war «arschkalt». Zwei Wochen lang, selbst die Spanier sagten, dass sie schon lange nicht mehr einen so kalten Januar gehabt hätten. Herrlich warmes Spanienwetter hatte ich mir etwas anders vorgestellt. Zum Glück waren wir auf einem Campingplatz und konnten dessen Infrastruktur – warme Duschen, Elektroanschluss für den Heizofen - nutzen. Der Campingplatz befand sich am Fusse eines weissen Bergdorfes – Pueblo blanco – namens Mojacár.
Unweit dieses Pueblos befand sich auch der dazugehörige Strand. Entlang des Strandes gab es viele Ferienanlagen und -siedlungen im typischen fantasielosen einheitlichen spanischen Stil. Das Dorf selbst, thronend auf dem Hügel, mit seinen kleinen Gassen und der fantastischen Fernsicht, hatte viel Charme.
Während den Tagen, wo die Sonne etwas durchbrach, machten wir einige Ausflüge in die umliegenden Dörfer und Berge.
Dabei durften «Troopy» und Marcel ihr Können unter Beweis stellen.
Ich kann nur sagen: Absolut nichts für schwache Nerven!!! Marcel ist bekanntlich ein sehr vorsichtiger Mensch, der nie zur Selbstüberschätzung neigt. Mein Vertrauen in ihn ist grenzenlos. Dennoch …. Er plante die Touren. Es gab Situationen, wo ich spürte, dass auch er mit den Geländeverhältnissen (enge steinige Pfade, grosse tiefe Furchen, steile Abhänge und ganz ganz enge Wendekreise) am Kämpfen war. Das Motto war: Kopf runter und im Schleichtempo durch. Troopy machte dies wunderbar, er schien sich so richtig in seinem Element zu fühlen. Dank der untersetzten Gänge fuhr er mit einer stoischen Ruhe die Hügel hinauf und dann wieder hinunter.
Einzig über all die unzähligen Kratzer, die er von all den Sträuchern entlang der Piste abbekommen hatte, war er ganz und gar nicht «amused». Selbst die Empathie von Marcel - er zuckte bei jedem Kratzen zusammen und man sah, dass sein Herz blutete - half da nichts. Troopy sah nach all den Ausflügen, richtig zerschunden aus. Uff, zum Glück hatte nicht ich diese Touren geplant!! Abgesehen von den «kleinen» Herausforderungen waren all diese Ausflüge fantastisch. Pure Natur, grandiose Aussichten, Fahrten durch wunderbare Zitronen-, Orangen- und Mandarinen-Plantagen, bezaubernde Cortijos. A pro pros Mandarinen. Reife Mandarinen, direkt ab Baum, einfach unbeschreiblich, diese Explosion der Geschmacksknospen! Bis dahin wusste ich nicht, wie hervorragend Mandarinen schmecken können. Am liebsten hätten wir irgendwo in dieser Wildnis ein paar Tage verbracht, aber leider hatten wir einen Grossteil unseres Equipments auf dem Campingplatz deponiert.
So vergingen zwei Wochen. Das Wetter wollte nicht so richtig mitspielen und Marcel hatte wieder einmal eine super Idee – wir lernen spanisch. Gesagt, getan. Wir buchten einen Intensivkurs – jeweils vier Lektionen am Morgen – und ein Appartement für drei Wochen. Er entschied sich für die kleinere andalusische Küstenstadt – Almuñecar. Unser Weg führte uns erneut über ein wunderbares, raues und wenig besiedeltes Gebirge, die Alpujarras. Als wir uns wieder der Küste näherten, wurde es immer wie spezieller. Von Weitem hatte man das Gefühl, man nähere sich Schneefelder. Leider war dies nicht der Fall, es war weisser Plastik - die Dächer der unzähligen Gewächshäuser, wo unser Gemüse gedeiht, das wir im Winter, ausserhalb der normalen Saison kaufen können. Die Folge davon ist, dass der Plastik überall herumliegt, die Kehrseite der Konsumgesellschaft.
Wie immer hatte Marcel auch hier wieder ein gutes Näschen bewiesen. Ich verliebte mich sofort in diese hübsche, weisse hüglige Altstadt, deren wunderbaren feinkiesigen breiten Strand und die dazugehörige gepflegte, mit Palmen gesäumte, Promenade.
Die ganz grosse Überraschung war, dass noch entfernte Verwandte von uns hier in Almuñecar leben. Wir wussten, dass sie in Südspanien leben, aber der Zufall wollte es, dass es diese wundervolle hübsche Stadt war. Noch bevor wir mit ihnen Kontakt aufnehmen konnten, liefen wir uns über den Weg. Einfach herrlich, so liebe und warme Menschen nach so vielen Jahren wieder zu treffen. Wir verbrachten schöne Stunden mit Caroline und ihrer Tochter Tatjana, die ich als kleines Mädchen vor ungefähr 20 Jahren das letzte Mal sah. Caroline zeigte uns ihre neue Heimat. Als ehemalig aktive Flamencotänzerin mit eigener Flamenco-Schule in Basel, nahm sie uns an Flamenco-Veranstaltungen mit, führte uns in die Tapas-Kultur ein und stellte uns all ihren Freunden und Bekannten vor – ihr könnt es mir glauben – sie kennt alle!!!
Ja und in der Zwischenzeit waren wir fleissig. Besuchten an jedem Wochentag die Spanischschule, befüllten oder manchmal überfüllten unsere Gehirne mit spanischen Vokabeln und Grammatik.
Aber es half. Wie ihr ja wisst, ist ein gutes Mahl für uns enorm wichtig, und endlich konnten wir in einem Restaurant die Speisekarte lesen und die entsprechenden Bestellungen korrekt platzieren.
Drei Wochen gingen so vorüber. Der Zeitpunkt zum Aufbrechen war gekommen. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge sagten wir hasta luego, hasta luego Almuñecar, hasta luego Caroline, hasta luego Tatjana und hasta luego TCL-Sprachschule. Wir kommen sicher wieder!!!
Aber jetzt, Granada wir kommen.